13. November 2024

Angekommen: Warum das Streben nach „Mehr“ nicht immer der Schlüssel zum Glück ist

So, heute wird es mal kurz per­sön­lich. Vor kur­zem arbei­tete ich mich für ein Pro­jekt aus beruf­li­chen Grün­den wie­der mal durch Lin­ke­dIn und Face­book. Ich scrollte durch die übli­che Flut an Erfolgs­bei­trä­gen, Mei­len­stei­nen, Tipps zum per­fek­ten Leben und die immer wie­der­keh­rende Frage: „Was habe ich in den letz­ten drei Minu­ten erreicht?“ Irgend­wann fragte ich mich, wo eigent­lich all die “ech­ten Men­schen” geblie­ben sind, die ein­fach nur… na ja, okay sind. 

Muss man wirk­lich täg­lich einen neuen Erfolg fei­ern oder das nächste große Ziel öffent­lich tei­len, um einen Platz in die­ser Online-Welt zu finden?”

Genau bei die­sem Gedan­ken kam mir die Idee zu die­sem Artikel. 

Viel­leicht liegt das eigent­li­che Glück nicht in immer neuen Mei­len­stei­nen und Selbst­op­ti­mie­rung, son­dern im Inne­hal­ten und im Ankom­men – darin, sich selbst und das eigene Leben so zu akzep­tie­ren, wie es ist.

Aber okay – ich kann den Reiz die­ser Selbst­dar­stel­lung und der damit ver­bun­de­nen Suche nach Aner­ken­nung ver­ste­hen. Denn wenn der eigene Weg nicht per­fekt und gera­de­aus ver­läuft, ist die Ver­su­chung groß, sich über Erfolge zu defi­nie­ren und Bestä­ti­gung zu suchen. Mein eige­ner Lebens­lauf war schließ­lich auch kein Bilderbuch-Erfolg.

1993 machte ich mein Abitur mit einem… sagen wir, durch­schnitt­li­chen Ergeb­nis. Dann folgte der Zivil­dienst in der Schwerst­be­hin­der­ten­be­treu­ung – eine Zeit, die mir viel über Geduld und Mit­ge­fühl bei­gebracht hat. Danach absol­vierte ich eine Bank­lehre, weil mein Vater meinte, ich solle erst mal etwas „Soli­des“ machen. „Spä­ter kannst du immer noch das tun, was du wirk­lich willst,“ sagte er. Ich ver­stand die­sen Rat damals nicht wirk­lich, aber ich befolgte ihn. Heute bin ich tat­säch­lich dank­bar dafür. Aber bitte: Erzählt es nicht weiter 😉 

Doch die Welt der Ban­ken erfüllte mich nicht wirk­lich – was noch nett aus­ge­drückt ist. Statt­des­sen zog es mich ja schon lange zur Musik, ich war Schlag­zeu­ger und Schlag­zeug­leh­rer und ver­brachte einige Jahre damit, rhyth­misch und krea­tiv „auf die Pauke zu hauen“. Dann pro­bierte ich es mit einem Wirt­schafts­päd­ago­gik-Stu­dium, das ich aber abbrach, weil ich auch ohne Abschluss eine neue Rich­tung ein­schlug: 1998 ging ich ins Web­de­sign und bin seit­dem selbstständig.

2002 grün­dete ich mit zwei Kol­le­gen die Firma „Lock­ruf.“ Über die Jahre hat sich viel ver­än­dert – einer der Kol­le­gen schied irgend­wann aus, und im Mai die­ses Jah­res ver­starb mein Geschäfts­part­ner und Freund. Das hat mich wie­der ein­mal inne­hal­ten las­sen. Denn bei all dem Wan­del wurde mir klar, dass ech­ter Erfolg sel­ten in Titeln oder neuen Pro­jek­ten liegt, son­dern in den Men­schen, die man um sich hat, und in dem Gefühl, dass man sich selbst treu bleibt.

Angekommen – und das auch dank besonderer Menschen

Heute bin ich finan­zi­ell unab­hän­gig, in einer Bezie­hung, die mich wirk­lich glück­lich macht, und arbeite mit Kund*innen, die ich ehr­lich schätze. Ich habe viel von jeman­dem gelernt, der mir nahe steht – über Güte, Ver­ständ­nis und wie wich­tig es ist, authen­tisch und mit­füh­lend zu sein, ohne eine Bühne dar­aus zu machen. Diese klei­nen, lei­sen Werte bedeu­ten mir inzwi­schen weit mehr als all das, was man in der digi­ta­len Welt an Erfolgs­re­zep­ten und Laut­stärke findet.

Hach, wie schön, sich selbst zu erkennen

Medi­ta­tion hat mich dabei unter­stützt, meine Stär­ken und Schwä­chen als das zu akzep­tie­ren, was sie sind – ein­fach Teile von mir. Ich habe gelernt, auch meine nega­ti­ven Sei­ten zu erken­nen und anzu­neh­men, anstatt stän­dig an mir her­um­zu­op­ti­mie­ren. Diese Akzep­tanz brachte eine neue Ruhe mit sich und half mir, das Leben nicht als dau­ern­den Wett­lauf zu sehen, son­dern auch mal ent­spannt inne­zu­hal­ten. Und das Beste: Ich muss dabei nicht mal einen „Mind­set-Quote“ posten.

Warum uns das Stre­ben nach „Mehr“ oft blind macht

Wir leben in einer Welt, die uns ein­trich­tert, dass Erfolg alles ist. Wer nicht wächst, ver­liert, und wer nicht stän­dig neue Mei­len­steine setzt, bleibt zurück. Aber manch­mal kann die­ses per­ma­nente Stre­ben eine Illu­sion sein, die uns das Wesent­li­che über­se­hen lässt. Ich habe selbst erlebt, wie das Bedürf­nis, immer wei­ter zu kom­men, dazu führt, dass man die wert­vol­len Momente über­sieht: das gute Gespräch, eine lie­be­volle Geste oder ein­fach ein Tag, an dem mal nichts ansteht.

Der wahre Wert von Zufriedenheit

Zufrie­den­heit ist für mich kein Still­stand, son­dern die Frei­heit, im Hier und Jetzt ein­fach nur „da“ zu sein – ohne stän­dig die nächste Erfolgs­ra­kete zün­den zu müs­sen. Die Lek­tio­nen, die mir das Leben, meine Freund­schaf­ten und die Medi­ta­tion mit­ge­ge­ben haben, zei­gen mir, dass ech­tes Leben auch und gerade außer­halb der Insze­nie­run­gen auf Social Media stattfindet.

Jeder Mor­gen ist ein neuer Anfang

Es gibt kaum etwas Beru­hi­gen­de­res, als zu wis­sen, dass jeder neue Tag eine fri­sche Chance bie­tet. Egal, was ges­tern schief­ging oder ob wir uns ver­lo­ren fühl­ten – der nächste Mor­gen kommt mit einer lee­ren Seite. Ja, ich weiß, das klingt ein biss­chen wie aus einem „Lebens­weis­hei­ten­rat­ge­ber.“ Aber viel­leicht ist es genau das, was wir immer wie­der über­se­hen, weil es so selbst­ver­ständ­lich scheint: Jeder Mor­gen ist eine Ein­la­dung, neu zu begin­nen, ohne sich von ges­tern fest­hal­ten zu lassen.

Statt uns also auf das zu fixie­ren, was wir noch errei­chen „müs­sen“ oder was ges­tern nicht geklappt hat, kön­nen wir jeden Tag als eine neue Mög­lich­keit sehen. Ein neuer Mor­gen heißt, alte Feh­ler hin­ter uns zu las­sen, kleine Erfolge zu fei­ern und viel­leicht ein­fach mal lang­sa­mer anzu­fan­gen. Alles braucht seine Zeit – und der kleine Fort­schritt heute reicht voll­kom­men. Mor­gen gibt’s dann wie­der eine neue Chance, und das Schöne daran ist, dass uns kei­ner drängt. Manch­mal ist das wirk­lich alles, was wir brau­chen: die Frei­heit, jeden Mor­gen ein­fach noch­mal neu zu begin­nen, so unper­fekt und wun­der­bar mensch­lich, wie wir sind.

Die Schönheit des Unperfekten und die Freiheit, Fehler zu machen

In unse­rer Welt, die oft Per­fek­tion ver­langt und den Fokus auf das nächste große Ziel setzt, bleibt wenig Platz für das Unper­fekte. Dabei liegt genau darin so viel Schön­heit – und sogar Frei­heit. Viel­leicht ist es das, was uns wirk­lich erfüllt: der Mut, Feh­ler zu machen und nicht nur dar­aus zu ler­nen, son­dern auch dar­über zu schmun­zeln. Denn Schei­tern ist kein Zei­chen von Schwä­che, son­dern von Wachs­tum. Es ist der Pro­zess des Bes­ser­ma­chens, der uns wei­ter­bringt, und nicht die Vor­stel­lung, immer alles im Griff haben zu müssen.

Feh­ler gehö­ren ein­fach dazu, also warum sich damit ver­rückt machen? Meis­tens sind es gerade die klei­nen Umwege und Stol­per­steine, die den Weg span­nen­der und letzt­lich auch mensch­li­cher machen. Große Meis­ter­werke ent­ste­hen sel­ten im ers­ten Ver­such. Gerade die Pan­nen und Pein­lich­kei­ten sind es doch oft, die uns authen­tisch und echt wir­ken las­sen – und wer weiß, viel­leicht steckt genau darin der wahre Funke Inspi­ra­tion. Jeder kleine Fort­schritt, jeder noch so kleine Schritt nach vorn, ist einen Moment der Aner­ken­nung wert, denn am Ende zäh­len nicht nur die gro­ßen Mei­len­steine, son­dern das Dran­blei­ben, das Ver­ste­hen und das Wachsen.

Ange­kom­men zu sein als wah­rer Erfolg

Für mich ist „Ange­kom­men­sein“ heute der wahre Erfolg. Es geht nicht darum, was ich alles errei­chen könnte, son­dern um das, was ich bereits habe. Die Kunst, sich zurück­zu­leh­nen, ohne immer den nächs­ten Gip­fel stür­men zu müs­sen. Am Ende ist es nicht das stän­dige Stre­ben, das uns erfüllt, son­dern das Wis­sen, dass man auch mal die Aus­sicht genie­ßen darf – ohne sofort das nächste Sel­fie zu machen.

Ja, ich sehe die Ironie…

Mir ist die Iro­nie natür­lich nicht ent­gan­gen: Hier schreibe ich einen Arti­kel über mich selbst und mei­nen Weg – obwohl ich gerade eben noch kri­ti­siert habe, dass so viele Men­schen ihre Erfolge öffent­lich zur Schau stel­len. Viel­leicht aber liegt darin genau der Wider­spruch, den viele von uns spü­ren. Einer­seits möchte ich meine Gedan­ken tei­len und das Gefühl wei­ter­ge­ben, dass es in Ord­nung ist, ein­fach „anzu­kom­men“ und zufrie­den zu sein. Ande­rer­seits ist es ja doch wie­der eine kleine Bühne. 

Viel­leicht geht es weni­ger darum, das Tei­len ganz zu ver­mei­den, son­dern darum, sich zu fra­gen, was der Grund dafür ist – ob es nur der Wunsch nach Auf­merk­sam­keit ist oder das Bedürf­nis, etwas Ech­tes und Wert­vol­les weiterzugeben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere neue Lockbuch Einträge: